Die „Zwei-Zeugen“ Regel

Im Zusammenhang mit der Behandlung von Kindesmissbrauchsfällen bei Zeugen Jehovas wird vor allem die sogenannte „Zwei Zeugen“ Regel gerne scharf kritisiert.

Um die Begründung dieser Regel geht es in diesem Blogbeitrag.

Zuerst einmal sei festzustellen, dass Zeugen Jehovas einen klaren Unterschied machen zwischen interreligiösen Disziplinarverfahren (für die bei ZJ lokale Älteste zuständig sind), und säkularen Strafverfahren (für die staatliche Strafverfolgungsbehörden bzw. die Justizbehörden zuständig sind).

Da ZJ sich dazu verpflichtet fühlen den obrigkeitlichen Gewalten untertan zu sein (sofern diese nichts erfordern was im Widerspruch zum Gesetz Gottes steht), werden sie sich davor hüten etwas zu tun, durch das ihr interreligiöses Disziplinarverfahren die Justiz in irgendeiner Weise behindern könnte.

Älteste sind in der Regel weder Juristen noch Richter, weswegen sie die strafrechtliche Verfolgung deswegen auch denen überlassen die gesetzlich dafür vorgesehen sind, und auch die entsprechenden Ressourcen und Erfahrungswerte haben um zu einem gerechten Urteil zu kommen. Im Falle einer strafrechtlichen Verfolgung eines Missetäters der ZJ ist, sind ZJ (und insbesondere Älteste) dazu verpflichtet die staatlichen Behörden so gut wie möglich zu unterstützen.

Sie werden jedwedes Strafurteil der Justiz akzeptieren und respektieren, sofern sie einverstanden sind das es dem gültigen Recht entspricht.

Auf keinen Fall stellt der ekklesiastische Prozess einen Ersatz für zivil- oder strafrechtliche Ermittlungen dar.

Die Justiz ihrerseits nimmt keinen Einfluss auf interreligiöse Disziplinarverfahren, es sei denn diese seien rechtswidrig.

Man sieht also, interreligiöse Disziplinarverfahren und säkulare Strafverfahren sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und werden in der Regel auch unterschiedlich gehandhabt. Das ist nicht nur bei Zeugen Jehovas so.

Während in der säkularen Rechtsprechung das lokal gültige Recht der Maßstab ist, ist es bei Zeugen Jehovas die Bibel, die den Maßstab für interne Rechtsprechung darstellt.

Die „Zwei-Zeugen“ Regel der Bibel

Die „Zwei-Zeugen“ Regel entnehmen die Zeugen Jehovas aus folgenden Bibelversen (entnommen der Einheitsübersetzung – Fettschrift von mir):

Wenn irgendjemand einen Menschen erschlägt, darf man den Mörder nur aufgrund von Zeugenaussagen (Mehrzahl) töten; doch aufgrund der Aussage nur eines einzigen Zeugen darf man einen Menschen nicht töten. (4. Mose 35:30)

Wenn es um Leben oder Tod eines Angeklagten geht, darf er nur auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin zum Tod verurteilt werden. Auf die Aussage eines einzigen Zeugen hin darf er nicht zum Tod verurteilt werden. (5. Mose 17:6)

Wenn es um ein Verbrechen oder ein Vergehen geht, darf ein einzelner Belastungszeuge nicht Recht bekommen, welches Vergehen auch immer der Angeklagte begangen hat. Erst auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen darf eine Sache Recht bekommen. (5. Mose 19:15)

Nun handelt es sich hier um das mosaische Gesetz, welches seid Jesu Opfertod für Christen nicht mehr gültig ist – es sei denn, das die entsprechenden Teile dieses Gesetzes von Christen des 1. Jahrhunderts bestätigt bzw. bekräftigt wurden.

Paulus tat dies:

Nimm gegen einen Ältesten keine Klage an, außer wenn zwei oder drei Zeugen sie bekräftigen. (1. Timotheus 5:19)

Wozu das Ganze?

Dadurch sollte vermieden werden, dass – nur aufgrund eines einzigen Zeugen – jemand verurteilt werden würde. Hätte man dies zugelassen, so hätte es sein können dass jemand der unschuldig war der Willkür eines einzigen falschen Zeugen ausgeliefert wäre.

Ein Mann hätte als Ankläger bezeugen können: „Meine Frau hat Ehebruch begangen“ und diese einzige Zeugenaussage hätte ohne weitere Überprüfung gereicht um die Frau zum Tode zu verurteilen.

Eine Frau hätte sagen können: „Dieser Mann hat mich vergewaltigt“ – Vergewaltigung war im mosaischen Gesetz gleichgestellt mit Mord – das wäre aufgrund dieser einzigen Zeugenaussage das Todesurteil für den Mann gewesen.

Sogar nach heutigem allgemein gültigem Recht benötigt es mehr als einen Zeugen um ein gültiges Urteil zu fällen. Wenn kein anderer Zeuge als Person hinzugezogen werden kann (weil es keinen gab), so müssen Beweise und Gutachten als dieser Zeuge herhalten.

Das war damals bei den Israeliten genauso wie heute innerhalb der Christenversammlung nicht anders.

Ein Freispruch aus Mangel an Beweisen gibt es innerhalb der Justiz ebenso wie innerhalb der Christenversammlung. In solchen Fällen gilt die Unschuldsvermutung.

Die „Zwei Zeugen“ Regel im Falle eines sexuellen Kindesmissbrauchs

Nun ist es natürlich so, dass im Falle des Kindesmissbrauchs, insbesondere des sexuellen Kindesmissbrauchs, es wohl kaum einen zweiten Zeugen gibt (es sei denn, der Täter gesteht seine Tat).

Besonders weil es um Kinder geht, kochen bei den meisten die Gefühle hoch dass man innerhalb der Religionsgemeinschaft nicht streng genug vorgehen kann, ohne gleich biblische Grundsätze umzustoßen.

Es ist sicherlich kaum vorstellbar dass, zumindest ein Kleinkind, aufgrund niederer Beweggründe eine derartige Anklage vorbringen würde – obwohl es auch hier Ausnahmen geben kann.

Aus diesem Grund ist es mittlerweile so bei Zeugen Jehovas, dass selbst wenn es keine eindeutigen Beweise gibt, ein des Kindesmissbrauchs angeklagter mutmaßlicher Täter von der Gemeinde Restriktionen in Verbindung mit seinen Aufgaben, sowie des Verhaltens mit Kindern im allgemeinen auferlegt bekommt.

Angehörige werden auf jeden Fall darauf hingewiesen dass es ihnen frei steht den Fall bei den Behörden zur Strafanzeige zu bringen, und die Ältesten ihnen dabei ihre Unterstützung anbieten.

Sollten Älteste das Gefühl haben, ein Kind schwebe in Gefahr – selbst wenn es keinen zweiten Zeugen gibt – so versteht es sich eigentlich von selbst dass sie die Sache persönlich zur Anzeige bei den Behörden bringen.

Jeder Fall ist anders – man kann und sollte bei solchen Dingen nichts pauschalisieren.

In Australien ist es für ZJ nun gesetzlich so geregelt, dass jedwede Meldung von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen die von Ältesten an das Zweigbüro weitergegeben wurde, vom Zweigbüro an die örtlichen Behörden weitergeleitet werden müssen, es sei denn das mittlerweile volljährige Opfer verweigert dies. Die Rechtsabteilung von Zeugen Jehovas in Australien wird ebenfalls mit eingebunden, und sieht zu dass alle Gesetze befolgt werden.

Was wenn der mutmaßliche Täter bei den Strafverfolgungsbehörden angezeigt wird, und es zu einer Verurteilung anhand von gerichtlich bestätigten Beweisen kommt?

Die Verurteilung anhand von Beweisen, wird von ZJ als „zweiter Zeuge“ gewertet, und nun können auch interreligiöse Disziplinarmaßnahmen angewandt werden.

Das ist nicht nur in Australien so, sondern wird weltweit so gehandhabt. Dies ist nur in den Fällen nicht möglich, wo Gerichtsentscheidungen nicht publiziert werden und selbst auf Anfrage hin nicht herausgegeben werden.

Einwände

Die Australian Royal Commission (ARC) erhob jedoch einen biblisch begründeten Einwand bezüglich der „Zwei Zeugen“ Regel. Sie führte im Interview mit Geoffrey Jackson (einem Mitglied der Leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas) einen Bibeltext an, der bei einmaligen betrachten auf eine Ausnahmeregelung zur „Zwei Zeugen“-Regel hinweisen könnte:

Wenn aber der Mann das verlobte Mädchen auf dem Feld trifft, und der Mann ergreift sie und liegt bei ihr, dann soll der Mann, der bei ihr gelegen hat, allein sterben. Aber dem Mädchen sollst du nichts tun, das Mädchen hat keine Sünde begangen zum Tode. Diese Sache ist vielmehr so, wie wenn ein Mann sich erhebt gegen seinen Nächsten und ihn totschlägt. Denn er hat sie auf dem Feld getroffen. Das verlobte Mädchen schrie, aber niemand war da, der es rettete. (5. Mose 22:25-27)

Die ARC argumentierte dass laut diesem Bibeltext der Mann trotz dem Fehlen eines zweiten Zeugen verurteilt werden konnte.

Nun, hier hat die ARC den Kontext völlig außer Acht gelassen. Schauen wir uns dazu mal – 2 Verse zuvor – 5. Mose 22:23 an: Es geht nämlich um zwei unterschiedliche Situationen:

Wenn ein Mädchen, eine Jungfrau, einem Mann verlobt ist, und es trifft sie ein Mann in der Stadt und liegt bei ihr, (5. Mose 22:23)

Und dem gegenübergestellt, nochmal Vers 25:

Wenn aber der Mann das verlobte Mädchen auf dem Feld trifft, und der Mann ergreift sie und liegt bei ihr (5. Mose 22:25)

Es geht hier also gar nicht darum die Schuld des Mannes zu beweisen – seine Schuld „bei ihr gelegen“ zu haben steht in beiden Situationen fest, unter Berücksichtigung der Zwei Zeugen Regel, die erst drei Kapitel zuvor nochmal wiederholt wurde. In beiden Fällen gab es für ihn das Todesurteil.

Es geht hier eher um die Frau die auf der Anklagebank saß. War sie der Unmoral schuldig? Oder war sie ein Opfer von Vergewaltigung?

Im ersten Beispiel waren die beiden in der Stadt, also unter mehreren Zeugen – da bezeugt werden konnte dass die Frau nicht schrie, musste man von Unmoral ausgehen, also Hurerei in gegenseitigem Einverständnis:

dann sollt ihr sie beide zum Tor jener Stadt hinausführen und sie steinigen, dass sie sterben; das Mädchen deshalb, weil es in der Stadt nicht geschrien hat, und den Mann deshalb, weil er der Frau seines Nächsten Gewalt angetan hat. Und du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. (5. Mose 22:24)

Das zweite Beispiel spielt sich auf dem Feld ab, ohne Drittzeugen. Die Frau behauptet Opfer einer Vergewaltigung geworden zu sein. Der Mann behauptet das Gegenteil. Da kein Dritter das bestätigen kann, ob die Frau nun auf dem Feld geschrien hat oder nicht, muss laut der „Zwei Zeugen“ Regel, im Sinn des Angeklagten ein Urteil gesprochen werden. Der Ankläger in diesem Fall ist nämlich der Mann, der die Frau der Lüge bezichtigt. Da es keine zwei Zeugen für die Anklage des Mannes gibt, hatten die Richter keine Grundlage um die Frau wegen Unmoral zu verurteilen und mussten somit zu dem Ergebnis kommen:

…das Mädchen hat keine Sünde begangen zum Tode. Diese Sache ist vielmehr so, wie wenn ein Mann sich erhebt gegen seinen Nächsten und ihn totschlägt. Denn er hat sie auf dem Feld getroffen. Das verlobte Mädchen schrie, aber niemand war da, der es rettete. (5. Mose 22:26, 27)

Es ging hier also nicht darum, dass die Frau hier die Schuld des Mannes beweisen wollte, und als einziger Zeuge dastand. Da es keinen „zweiten Zeugen“ gab, galt für sie die Unschuldsvermutung, und sie wurde aus Mangel an gegenteiligen Beweisen freigesprochen.

Hier ist wiederrum interessant dass die Tat (Vergewaltigung) mit einem Mord verglichen wird. Wie wurde die Beweislage bei Mord gehandhabt?

Wenn irgendjemand einen Menschen erschlägt, darf man den Mörder nur aufgrund von Zeugenaussagen (Mehrzahl) töten; doch aufgrund der Aussage nur eines einzigen Zeugen darf man einen Menschen nicht töten. (4. Mose 35:30)

Ich hoffe dies zeigt dass die Zwei-Zeugen Regel, gar nicht so hirnrissig ist wie so oft dargestellt. Diese Regel wird in der Bibel nirgends, unter keinen Umständen, aufgehoben. Im Grunde genommen, findet sie sogar Einsatz in säkularen Gerichtsverfahren.

Wer ZJ dafür kritisiert diese Regel zu übernehmen, muss die Bibel sowie die ersten Christen ebenso kritisieren – es gibt keine Anhaltspunkte dafür dass sie solche Fälle anders gehandhabt hätten.

11 Gedanken zu “Die „Zwei-Zeugen“ Regel

  1. „Es geht hier also gar nicht darum die Schuld des Mannes zu beweisen – seine Schuld „bei ihr gelegen“ zu haben steht in beiden Situationen fest, unter Berücksichtigung der Zwei Zeugen Regel, die erst drei Kapitel zuvor nochmal wiederholt wurde. […] Das zweite Beispiel spielt sich auf dem Feld ab, ohne Drittzeugen“

    Wie kann seine Schuld im 2. Fall feststehen in Anbetracht der Tatsache, dass es keinen Drittzeugen gab?

    • Wenn man davon ausgeht dass ein zweiter Zeuge nötig war, um den Mann zum Tode zu verurteilen, so liegt es nahe, dass der Mann gestanden hat „bei ihr gelegen“ zu haben, und somit selbst der zweite Zeuge war. Man kann sich natürlich fragen, wie der Mann so bescheuert sein kann dies zuzugeben wenn es keinen Drittzeugen gab – denn so hätte er ja ungeschoren davon kommen können. Die Frau jedoch nicht, sie hätte spätestens bei der Hochzeitsnacht mit ihrem Verlobten/Ehemann ein Problem gehabt, da sie ja aufgrund dieses Falles keine Jungfrau mehr war. Ebenso hätte sie von dem Fall schwanger sein können.

      Der „zweite Zeuge“ im Fall des Mannes, kann aber auch eine gewisse Beweislage sein die zu seiner Verurteilung führte (zum Vergleich: 1. Mose 38:24-26). Explizit könnte das Blut am Geschlechtsteil gewesen sein, oder aber Kratzspuren, oder Spuren eines Kampfes mit der Frau. Sie kann ihm Teile seiner Kleidung entrissen haben, oder ein Kleidungsstück von ihr wurde bei ihm gefunden – es kann vieles sein.

      Was auch immer es war was den Mann schlussendlich überführte, die Bibel sagt uns nichts Genaues dazu. Die Herangehensweise im Fall der Frau lässt allerdings keinen Zweifel – die „Zwei-Zeugen“ Regel wurde auch im Fall des Mannes eingehalten. Im Fall des Mannes war es dann auch im Grunde genommen egal, ob er sich der Vergewaltigung, oder der Unmoral in gegenseitigem Einverständnis schuldig gemacht hatte – beides hatte für ihn das Todesurteil zur Folge.

  2. Das ist typisch Jehovas Zeugen Logik!!! ‚Wir werden die 2 Zeugen Regel nie aufgeben‘, hieß es, jetzt heißt es: es sei denn, es gibt keine 2 Zeugen, dann reicht auch nur einer! (Die Beweise sind dann der 2. Zeuge) Wie heuchlerisch!
    Folgende Punkte noch:
    – Es wurde nie die 2 Zeugen Regel kritisiert, sondern deren Anwendung von den ZJ bei Kindesmissbrauch und Vergewaltigung! Nicht bei anderen Fällen!
    – Du stellst die Art und Weise wie Eure Organisation damit umgeht und die Kinder beschützt, so dar, als wäre das schon immer so gewesen! Die Fakten aber, zeigen was anderes: von den 1006 Missbrauchsfällen in Australien, bei über 500 gab es ein Geständnis von den Tätern, es gab also 2 Zeugen doch diese wurden niemals den Behörden gemeldet! Es wäre ehrlicher gewesen, wenn du geschrieben hättest, dass Eure Organisation auf den Druck der Medien und derJustiz entsprechend reagiert hat und nun für die Sicherheit der Kinder sorgt! Ich finde es echt schade, dass Eure Organisation von ‚Satans System‘ unter Zwang auf dem rechten Weg gebracht werden mußte!!!

    • Danke für deinen Kommentar. Mir erschliesst sich nicht ganz was Du mit „Jehovas Zeugen Logik“ meinst. Was ist daran heuchlerisch, Beweise von einem säkularen Gericht als zweiten Zeugen anzuerkennen?

      Wie kommst Du darauf dass es bei 500 der dokumentierten Meldungen zu Missbrauchsfällen unter Zeugen Jehovas, ein Geständnis der Täter gab? Warst Du dabei?

      Es gehörte bis 2016 gesetzlich nicht zu den Aufgaben der Zentrale der Zeugen Jehovas derartige Meldungen den Behörden weiterzuleiten. Die lokalen Ältestenschaften waren damit beauftragt etwaige Opfer beim Behördengang zu unterstützen, oder etwa selbst Schritte einzuleiten, wenn sie das Gefühl hatten das Gefahr in Verzug wäre… haben sie im Einzelfall immer richtig reagiert? Das kann man klar verneinen. Dafür müsste jeder Fall einzeln beleuchtet werden. Ich halte eine pauschale Wertung deswegen für verkehrt.

      Wie im Blogartikel beschrieben machen Zeugen Jehovas einen klaren Unterschied zwischen interreligiösen Disziplinarverfahren (für die bei ZJ lokale Älteste zuständig sind), und säkularen Strafverfahren (für die staatliche Strafverfolgungsbehörden bzw. die Justizbehörden zuständig sind).

      Die säkulare Anklage sollte in der Regel das Opfer angehen, und ZJ respektieren ebenso den Wunsch der Opfer wenn sie dies nicht möchten. Letzteres gilt auch dann, wenn es zwei Zeugen gab und es zu interreligiösen Disziplinarverfahren gekommen ist.

      Die Organisation der ZJ hat sich schon immer um die Sicherheit von Kindern gesorgt – zugegeben, an der Umsetzung hat es sicherlich manchmal gehapert. Und ganz ehrlich, das tut es immer noch – wie in einem vorigen Post bereits gesagt – jede Zahl von Missbrauchsopfern über null, ist eine Schande. Den perfekten Weg gibt es (noch) nicht – aber ein Fortschritt ist deutlich zu erkennen.

  3. Die Argumentation von fossilisus ist absolut einleuchtend. Mal abgesehen davon, dass man immer nur auf den Zeugen Jehovas herumhakt, die zugegebenermassen Fehler begangen haben, deren Umfang jedoch in keinem Vergleich steht zu den Untaten anderer Gemeinschaften und Religionen.

    Marcus Ulpius

  4. Werter Fossilisus, du schreibst:

    „Das zweite Beispiel spielt sich auf dem Feld ab, ohne Drittzeugen. Die Frau behauptet Opfer einer Vergewaltigung geworden zu sein. Der Mann behauptet das Gegenteil. Da kein Dritter das bestätigen kann, ob die Frau nun auf dem Feld geschrien hat oder nicht, muss laut der „Zwei Zeugen“ Regel, im Sinn des Angeklagten ein Urteil gesprochen werden. Der Ankläger in diesem Fall ist nämlich der Mann, der die Frau der Lüge bezichtigt. Da es keine zwei Zeugen für die Anklage des Mannes gibt, hatten die Richter keine Grundlage um die Frau wegen Unmoral zu verurteilen und mussten somit zu dem Ergebnis kommen:

    …das Mädchen hat keine Sünde begangen zum Tode. Diese Sache ist vielmehr so, wie wenn ein Mann sich erhebt gegen seinen Nächsten und ihn totschlägt. Denn er hat sie auf dem Feld getroffen. Das verlobte Mädchen schrie, aber niemand war da, der es rettete. (5. Mose 22:26, 27)“

    Wieso sollte in diesem Fall der Ankläger der Mann sein, wenn es doch eindeutig um seine Schuld geht? Da steht doch unübersehbar: „Diese Sache ist vielmehr so, wie wenn ein Mann sich erhebt gegen seinen Nächsten und ihn totschlägt …“ Der Mann war der Täter und er sollte zu Tode gebracht werden, weil Vergewaltigung mit Mord gleichgesetzt wird. Die Frau war das Opfer, wie konnte es da um ihre Schuld gehen?

    Und was heißt eigentlich “ … wird mittlerweile anders gehandhabt?“ Das heißt doch im Klartext: „Bis kürzlich haben wir da etwas falsch gehandhabt, aber da wollen wir jetzt bitte nicht mehr drüber reden, weil jetzt handhaben wir es ja anders … Und wenn nicht irgendwelche Kommissionen und Gerichte und Medien so einen Aufruhr verursacht hätten, würden wir es immer noch so wie bis kürzlich hanhaben, weil damit sind wir ja viele Jahrzente lang gut gefahren …“

    Überhaupt fehlt mir in der ganzen traurigen Kindesmissbrauch- Diskussion der Blick auf die Opfer und irgendein Ausdruck des Bedauerns. Eine Frau zu vergewaltigen wurde mit Mord gleichgesetzt, mit was setzt dein Gott wohl die Vergewaltigung eines Kindes gleich? Dein Gott weiß welche Schäden an Körper und Seele durch solche Gewaltakte angerichtet werden, er kennt genau den verursachten Schmerz und die vergossenen Tränen, und dann darf er noch zusehen wie sein „Zeugen“ nicht einmal den Anschein von Anteilnahme zu vermitteln bemüht sind, sondern hauptsächlich an ihrer Selbstrechtfertigung interessiert sind. „Es geht einfach nicht anders, das muss gemäß der Bibel alles genau so gehandhabt werden, wir können nichts dafür, das ist nicht unsere Verantwortung, und außerdem geht es bei anderen noch viel schlimmer zu …“ Kann es sein, dass sich dein Gott voller Scham für seine Zeugen von dem Trauerspiel abwendet?

    • Hi Furiel,

      Ich glaube die Antwort auf deinen ersten Einwand findest Du hier in den Kommentaren. Wenn geklärt werden musste ob die Frau der Unmoral schuldig war oder vergewaltigt worden war, ging es um die Schuld der Frau, und nicht etwa um die des Mannes.
      Das Urteil war für den Mann in beiden Fällen das gleiche: Tod. Für Ihn machte es, was das Urteil anbelangte, keinen Unterschied: ob nun Vergewaltigung oder Hurerei – er war zum Tod verurteilt.

      Bei der Frau jedoch ging auch um Leben UND Tod – das Urteil betraf in erster Linie also die Frau und nicht etwa den Mann. Du hast in dem Sinne Recht das BEIDE auf der Anklagebank saßen, aber das Todesurteil über den Mann war ziemlich schnell beschlossen, wohingegen die Schuld der Frau mangels Zeugen nicht bewiesen werden konnte, und sie somit freigesprochen wurde.

      Wenn von vornherein klar gewesen wäre, dass die Frau das Opfer gewesen wäre (der Mann hätte nur zugeben müssen sie vergewaltigt zu haben), hätte es keine Frage nach einem zweiten Zeugen gegeben; die Frage der Schuld bzw. Unschuld der Frau hätte sich überhaupt nicht gestellt.

      ———————————

      Bei dem „mittlerweile“ ging es um die Restriktionen eines des Kindermissbrauchs angeklagten (und noch nicht schuldig gesprochenen) Zeugen Jehovas. Die Entscheidung solche Restriktionen einzuführen sind rein freiwillig entstanden… es gibt kein Gericht oder Gesetzgeber der dies explizit verlangt hätte (zumindest nicht, dass ich wüsste). Außerdem wird das nicht erst kürzlich so gehandhabt… diese „Vorkehrung“ die zum einem das vermeintliche Opfer, sowie auch den vermeintlichen Täter vor zusätzlichem Schaden schützen soll (bevor sie Schuld bzw. Unschuld bewiesen ist), gibt es bereits seit den 1990-ern.

      Welchen biblischen Rat sollte man in Verbindung der Schärfe solcher Restriktionen anwenden? Kannst Du Beispiele geben? Kannst Du biblisch begründete Vorschläge geben wie man die Richtlinien von Zeugen Jehovas bezüglich gemeldeten Vorfällen von Kindesmissbrauch verbessern kann, oder Vorschläge die biblischen Richtlinien nicht wiedersprechen?
      Gibt es eventuell Richtlinien einer anderen Gruppierung die besser sind, und die man sich zum Vorbild nehmen sollte?

      ———————————-

      Wie kommst Du zur Aussage, dass Zeugen Jehovas kein Mitleid für Opfer von Missbrauch hätten und nicht bedauern würden, wenn all Ihre Schutzmaßnahmen es nicht verhindern konnten das es weiterhin leider Opfer gibt? Hat es mit Nachlässigkeit der Führung der Zeugen Jehovas zu tun?

      Das wäre so als würde man den Gesetzgeber dafür verantwortlich machen, dass ein vorher unauffälliger Fahrer einen Unfall verursacht hat, bei dem ein Unbeteiligter zu Schaden gekommen wäre, weil der Unfallverursacher sich nicht an die Straßenverkehrsordnung gehalten hat.
      Es setzt Zeugen Jehovas unter den Generalverdacht, das Wohl von Kindern würde Ihnen gar nicht am Herzen liegen, und es ginge ihnen ausschließlich darum bei Vorfällen Schadensbegrenzung zu betreiben. Fragt sich wieso es dann überhaupt präventive Maßnahmen gibt die denen der mir bekannten Gruppierungen weit überlegen sind, mal ganz abgesehen von den strengen Maßnahmen die bei Verdachtsbestätigung durchgesetzt werden.

      Wenn Zeugen Jehovas ihre Haltung verteidigen indem sie sich mit anderen Gruppierungen vergleichen, geht es ebenfalls nicht primär darum den eigenen Ruf zu wahren, sondern darum darauf aufmerksam zu machen, dass bei der Beurteilung von Zeugen Jehovas ein offensichtlich unerreichbarer Maßstab angewandt wird, und bei anderen Gemeinschaften nicht.

      Zeugen Jehovas kümmern sich indes um Opfer, sei es emotional (sofern das erwünscht ist), monetär (sofern nötig) und durch den Halt in der Versammlung dem das Opfer sich freilich aussetzen wollen muss um ihn zu erhalten. Zudem gibt es genügend Artikel in der Literatur der Zeugen Jehovas die sich ausschliesslich mit Opfern befassen, sei es Tipps zur Prävention zu geben, oder aber zu trösten wenn man Opfer von Missbrauch ist (ein Beispiel von vielen hier. Darüber hinaus halten Zeugen Jehovas sicherlich niemanden zurück, auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

      Sicherlich passieren Fehler, und es mag sein, dass das eine oder andere Opfer nicht die Unterstützung erhielt die es gebraucht oder gewünscht hätte. In dem Fall kommt es vor, dass Gerichtsverfahren geführt werden um zu klären ob es Versäumnisse gab (sofern dies nicht außergerichtlich geklärt werden kann). Gab es diese, wird in letzter Instanz sicherlich ein gerechtes Urteil gesprochen oder sich außergerichtlich geeinigt.

      Obgleich ein Fall aus Kanada nicht die Regel darstellen mag, so sieht man, dass es der Wachtturm Gesellschaft nicht daran gelegen ist Opfern zu schaden und auszunehmen, wenn ein säkulares Gericht zu ihren Gunsten entscheidet. In diesem Fall wurde das Opfer aufgrund von Mangel an Beweisen und offensichtlich widersprüchlichen Aussagen dazu verdonnert die Gerichtskosten seitens der Verteidigung (der WTG) zu tragen. Die WTG hat darauf verzichtet, da es den Bankrott des Opfers bedeutet hätte. Zudem verfassen Zeugen Jehovas nie eine Lobeshymne auf sich selbst, wenn sie solche Verfahren gewinnen – sie sind nicht stolz darauf ein Verfahren rechtsmäßig zu gewinnen, im Wissen dass das Opfer das angeklagt hat sicherlich ein Martyrium hinter sich hat, für das die WTG zwar nicht verantwortlich ist, das aber dennoch passiert ist.

      Andererseits ist es das gute Recht von der Wachtturm-Gesellschaft Urteile im Sinne der Anklage anzufechten, wenn sie sich selbst im Recht sieht (bzw. überzeugt ist ihrer Verantwortung nachgekommen zu sein), selbst wenn der Ankläger ein Missbrauchsopfer ist. Das hat dann nichts damit zu tun, dass man nicht bedauert was dem Opfer wiederfahren ist.

      Zum Schluss bleibt noch zu sagen:

      „Denn da ist nichts verborgen, was nicht offenbar werden wird, noch irgend etwas sorgsam verheimlicht, was nie bekanntwerden und nie an die Öffentlichkeit kommen wird.“ (Lukas 8:17)

      Dem sind sich aufrichtige Zeugen Jehovas absolut bewusst. Für Versäumnisse was den Schutz von Kindern und die Fürsorge von Opfern betrifft, werden sich die Verantwortlichen schlussendlich vor Gott verantworten müssen. Gott hat den gesamten Überblick: überlassen wir das schlussendliche Urteil Ihm, und tun unser Bestes!

  5. „““Fragt sich wieso es dann überhaupt präventive Maßnahmen gibt die denen der mir bekannten Gruppierungen weit überlegen sind, mal ganz abgesehen von den strengen Maßnahmen die bei Verdachtsbestätigung durchgesetzt werden.““““ Präventive Maßnahmen habe ich nur in diesem Jahr, im Kongress, als von der Bühne laut gesagt wurde: Beschützt eure Kinder…..lasst eure Kinder niemals alleine ……. Bevor habe ich sowas (seit 17 Jahren) noch nie gehört.

  6. Bitte, nicht beleidigend werden….. Wenn ich sage, dass ich seit 17 Jahren nie einen solchen Satz aus der Bühne (wohlgemerkt) gehört habe, dann ist dies eine Tatsache und keine subjektive Meinung. Es ist genauso wie mit dem studieren. Geschrieben wird so, aus der Bühne wird aber so gesagt: Wer sein Kind studieren lässt ist für Privilegien nicht geeignet. Das passiert auf jedem Fall bei uns……Und nicht nur hier in DE sondern auch in anderen Ländern. Interessant aber , dass im Bethel Brüder mit hohe Qualifizierung gerne gesehen werden. Na ja, Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Welten. Gruss

    • Beleidigen möchte ich dich sicher nicht… Ich gebe dir recht dass Prävention vor Kindesmissbrauch von der Bühne aus wohl kaum Erwähnung findet. Dies ist in der Regel nur dann er Fall, wenn es einen solchen bestätigten Fall auch in der örtlichen Versammlung gegeben hat, und daraufhin ein Vortrag in „Aktuelles“ (früher „örtliche Bedürfnisse“) gehalten werden soll.

      Du wirst wahrscheinlich auch noch keine Vorträge bei Zeugen Jehovas gehört haben, wie man sich schützt vor bakteriellen bzw. viralen Infekten/Krankheiten, sexuell übertragbaren Krankheiten (innerhalb der Ehe wohlgemerkt), Verhütung, wie man sich vor Betrug bei Geschäften schützen kann, wie man sich vor einem gewalttätigen Ehepartner schützen kann, wie man sich vor Drogenmissbrauch schützen kann, und der gleichen…

      Dies wird deswegen kaum in Vorträgen thematisiert, da diese ausreichend in der Literatur behandelt werden, und im Grunde nur eine verhältnismäßige kleine Gruppe von Leuten innerhalb der Gemeinschaft davon betroffen sein wird. Diese Leute können sich zu jeder Zeit an die Ältesten wenden, sollten sie eine biblische Grundsatzfrage zu diesen Themen haben (und sofern sie durch persönliches Studium dies nicht selbst herausfinden konnten), oder Hilfe benötigen.

      Was das problematische Thema der „säkularen höheren Bildung“ anbelangt, so kann ich dies schlecht in einem kurzen Kommentar aufarbeiten. Dazu werde ich eventuell demnächst einen Blogartikel schreiben.

      Natürlich werden gut qualifizierte Brüder gerne gesehen – umso mehr Personen die das Königreich Gottes allem voran stellen.

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