Eine Webseite, die ich mit Bedacht hier nicht verlinken möchte, die sich „der Aufklärung“ über Zeugen Jehovas verschrieben hat, wirft weiter mit Schlamm um sich, und verbreitet postfaktischen Unfug.
Das momentane Lieblingsthema: Kindesmissbrauch bei Zeugen Jehovas. Aufgrund der, in 2015, von der australischen Sonderkommission zur Aufklärung von Kindesmissbrauchsfällen (Australian Royal Commission – ARC) enthüllten Fällen innerhalb der Religionsgemeinschaft der ZJ, wird von geschockten ehemaligen ZJ berichtet, die daraufhin die Gemeinschaft der ZJ verlassen haben.
(NOTIZ: Es wurde bemängelt dass ich einige Tatsachen hier nicht ganz korrekt darstelle. Tatsächlich sind mir beim näheren Überprüfen Fehler aufgefallen, die ich hier korrigieren möchte. Dazu werde ich Stellung beziehen, und diese Fälle sind im Beitrag in Schrägschrift vermerkt – wo Worte ersetzt wurden, habe ich sie durchgestrichen)
Kein Wunder: schließlich kam dabei heraus, dass seit 1950 genau 1006 vermeintliche Täter von Kindesmissbrauchsfällen dem australischen Zweigbüro gemeldet wurden, und in keinem der Fälle hielt es das Zweigbüro scheinbar für nötig, ihn selbst den Behörden zu melden. (ARC Fallstudie 29)
Der Bericht sagt ebenfalls dass es dennoch Strafanzeigen gab gegen 383 von den 1006 aufgelisteten Angeklagten, und dass tatsächlich 161 wegen sexuellem Kindesmissbrauch verurteilt wurden. Wie viele von den 1006 Verdächtigen bereits verstorben waren, sagt der Bericht nicht. Ob nun Älteste darin involviert waren bei Opfern die Anzeige bei den Behörden zu promovieren, oder nicht, konnte im Nachhinein nicht von der Kommission verifiziert werden. Das Zweigbüro behauptete allerdings, dass viele dieser Fälle von den Ältesten der Betroffenen Versammlung selbst zur Anzeige gebracht wurden, und Nahestehende des Opfers durchaus gesagt wurde, dass sie, wenn sie es wollten, den Fall zur Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden bringen könnten. Da es dazu jedoch keine konkrete, schriftliche Beweise gibt, wurde dieser Einwand ignoriert.
Aufgrund der Enthüllung, kam es nach der Studie zu weiteren Anklagen durch die Behörden. Die Folgestudie von ARC (Fallstudie 54) zeigt, dass 514 Fälle an die Polizei weitergeleitet wurden. Die anderen 492 Verdachtsfälle wurden nicht weitergegeben, da die Beweislage ungenügend war, oder der Fall bereits der Polizei vorlag. Die gesamte Korrespondenz zu der Folgestudie findet man hier (dabei ein Brief mit detaillierten Vorgehensweisen an alle Ältestenschaften weltweit, auf den ich kurz später zurückkommen möchte. Er dient als Beweisstück um eine dreiste Fälschung aufzudecken, die nach wie vor im Internet rumgeistert).
Kindesmissbrauch (besonders sexueller Art) gehört zu den abscheulichsten Missetaten, die es auch unter Zeugen Jehovas gegeben hat, und leider, muss man sagen, wohl auch noch weiterhin gibt. Und da gehe ich sogar mit Kritikern einig – jedweder dieser Fälle, ist eine Schande für diejenigen die sie tun, oder irgendwie zu vertuschen suchen, und sich dabei auch noch Zeugen Jehovas nennen.
Die Kritiker von ZJ machen allerdings mit Vorlieben eine Verallgemeinerung aus diesen abscheulichen Taten: Die Religionsgemeinschaft der ZJ wäre ein „Paradies für Kinderschänder“.
Ist dem wirklich so? Sehen wir uns zuerst mal die Zahlen an.
Die Zahlen von über 1006 vermeintlichen Tätern von sexuellem Kindesmissbrauch von denen das Zweigbüro der ZJ in Australien gewusst haben soll schockieren – derzeit gibt es dort um die 67000 Zeugen Jehovas. Aufgrund des Fokus der Australischen Behörden auf die Aufklärung solcher Fälle, werden Meldungen von Kindesmissbrauchsfällen innerhalb Australiens seit 2011 statistisch erfasst.
Folgende Statistische Grafiken wurden entnommen vom Australischen Institut für Familienstudien (dem australischen Familienministerium unterstehend) – Hier der dazu gehörige Link:
Seit 2011 ist die Zahl der jährlich gemeldeten Kindesmissbrauchsfälle (verschiedener Art) um rund 40% in Australien gestiegen, von 252962 auf 355935.
Folgende Grafik zeigt den prozentualen Anteil von sexuellem Missbrauch unter den bestätigten Missbrauchsfällen (rund 12%):
Das ergäbe theoretisch, dass es sich bei, von 355935 Meldungen insgesamt, um rund 42712 Meldungen von sexuellem Kindesmissbrauch handelt. Das sind nur die offiziellen Zahlen – die Dunkelziffer kann durchaus höher liegen, wie der statistische Bericht es ebenfalls erläutert.
Die Population betrug 2016 in Australien 24,309,330 Menschen. Unter diesen gab es also statistisch theoretisch 42712 Meldungen von sexuellen Missbrauchsfällen an Kindern (davon haben sich in Wirklichkeit 7318 Fälle des sexuellen Kindesmissbrauchs substantiiert).
Das wäre eine Rate von 1:569 (also eine Meldung von sexuellem Kindesmissbrauch auf 569 Menschen)
Vergrößert man die Zahl auf Meldungen jeglicher Art des Kindesmissbrauchs, kommen wir auf eine Rate von 1:69. Ich bin heute mal großzügig, und beschränke mich auf die Fälle substantiierter Missbrauchsfälle: 60 989 – das ergäbe eine Rate von 1:399)
Seit August 2015 müssen Zeugen Jehovas in ganz Australien, sämtliche neue Meldungen innerhalb der Gemeinschaft von Kindesmissbrauchsfällen an Minderjährigen (auch in der Vergangenheit liegende Fälle die nun erst gemeldet wurden), an die Behörden weitergeben, es sei denn das Opfer ist mittlerweile volljährig und möchte dies nicht.
Bei ZJ in Australien gibt es dazu einen „Service Desk“ (also quasi eine Hotline), dem solche Fälle gemeldet werden müssen. Laut dem Zweigbüro der Zeugen Jehovas in Australien, sind zwischen dem Zeitraum vom August 2015 bis Januar 2017, 17 solcher Kindesmissbrauchsfälle gemeldet worden (dies schliesst Missbrauchsfälle nicht sexueller Art ein). An keinen dieser Fälle war ein Ältester beteiligt, sondern es handelte sich um Missbrauchsfälle innerhalb der nahen Verwandtschaft. Von den 17 Fällen, wurden 2 nicht an die Behörden weitergeleitet, weil die mittlerweile volljährigen Opfer dies verweigerten. Von August 2015 bis Januar 2017 sind es 17 Monate – also rund eine Meldung dieser Art pro Monat.
Laut dem Jahrbuch der Zeugen Jehovas für 2017 gab es (2016) 67,418 Verkündiger in Australien.
Das ergäbe eine Meldungsrate von 1: 5618 (über 12 Monate nur für das Jahr 2016).
Auch hier muss man natürlich dazusagen das die Dunkelziffer der tatsächlichen Fälle unter ZJ sicherlich höher ist, so wie bei der Allgemeinbevölkerung Australiens ebenso. Wir können uns, im Zuge dieser Analyse, nun mal eben nur auf den tatsächlich verfügbaren Daten basieren.
Dies wiederrum ergäbe rein statistisch, dass in Australien, für das Jahr 2016 Kinder unter innerhalb den Reihen der Zeugen Jehovas rund 10-mal weniger gefährdet sind waren, Opfer von sexuellem Missbrauch zu werden, als Kinder der generellen Bevölkerung außerhalb diesen Reihen.
Schade dass dies nirgendwo Erwähnung findet.
Bin ich stolz auf diese Zahlen?– Keineswegs. Alles außer KEINE Meldungen, und KEINE tatsächlichen Missbrauchsfälle ist eine Schande. Meine Toleranzgrenze liegt hier weit unter Null. Ob Zeugen Jehovas vor dem Gericht Gottes zu solch einem Ergebnis kommen werden, wage ich realistischerweise zu bezweifeln.
Die Arbeit der ARC zeigt noch etwas in diesem Zusammenhang: Die Anzahl bzw. Frequenz der gemeldeten Fälle bei ZJ in Australien ist entgegen der der allgemeinen Population rückläufig. Zwischen 1950 und 2014 wurden vom australischen Zweig der Zeugen Jehovas 5000 Dokumente angelegt, durch welche (unter anderem) die 1006 vermeintlichen Missetäter ans Licht gebracht werden konnten.
Wie viele dieser Dokumente auf Meldungen von Ältestenschaften zurückzuführen sind, sagt der Bericht nicht. In der Annahme dass einige Missetäter eventuell mehrmals gemeldet wurden, sagen wir mal dass rund die Hälfte (und das ist hoch gerechnet), also 2500 Meldungen solcher Missetaten waren.
Das ergäbe 2500 / (64 Jahre x 12 Monate) = 3.25 Meldungen pro Monat.
Dies deckt sich mit den Erfahrungen, welche der Bericht aufzeigt. (ARC Case Study 29 – Punkt 6.2), welche besagt, das im Zeitraum der Befragung durch die ARC immer noch 3-4 Meldungen pro Monat eingingen.
Nun ist der Zeitraum zwischen August 2015 und Januar 2017 nicht groß genug um Rückschlüsse über die verminderte Häufigkeit solcher Fälle aufzustellen.
Nehmen wir deshalb mal die Zahlen von 3-4 Meldungen pro Monat, und decken die Statistik so mit Zahlen ab die für 2016 zwar nicht der Realität entsprechen, aber dafür auf frühere Jahre anwendbar waren: Sagen wir (rein hypothetisch) es hätte 2016 nicht 12 sondern 45 Meldungen von Kindesmissbrauch gegeben, was die etwaigen Zahlen der vorigen Jahre wiederspiegelt. Um korrekt zu sein, müssen wir auch das Verhältnis zwischen Meldungen und substantiierten Fällen hinzuziehen. Hier ist es bei Zeugen Jehovas eindeutig so, dass im Verhältnis zu den Meldungen, die Fälle die zu einer Untersuchung durch Strafbehörden geführt haben, prozentual erheblich höher liegen als bei der generellen Bevölkerung. Haben wir da Zahlen? ARC Case Study 54 sagt dass es bei 897 von 1006 Tätern zur Untersuchung durch Strafbehörden gereicht hat – also um die 90%. Das ergäbe bei 45 Meldungen, 41 Fälle die strafrechtlich untersucht würden.
Nehmen wir die Australische Statistik nochmal zu Rate, und vergleichen also die Anzahl der Untersuchungen (Investigations) im Zusammenhang mit der Bevölkerung, das sollte uns dann tatsächlich zu einem besseren Resultat führen:
Generelle Bevölkerung: 24 309 330 Einwohner / 164,987 Untersuchungen = Rate von 1:148
Innerhalb den Reihen der Zeugen Jehovas: 67 418 Zeugen Jehovas / 41 Untersuchungen = Rate von 1:1645
Komisch – ich habe die Anzahl der Kindesmissbrauchsmeldungen zuungunsten der Zeugen Jehovas für 2016 artifiziell in die Höhe gepuscht, und für die allgemeine Bevölkerung die realen Zahlen der australischen Statistik genommen. Laut diesen Zahlen sind Kinder bei Zeugen Jehovas immer noch 11x weniger gefährdet.
„Aber Fossilisus – dir scheint zu entgehen dass es unter den Missbrauchsmeldungen der generellen Bevölkerung auch Fälle gegeben haben mag wo Mitglieder der Zeugen Jehovas oder Andere den Fall den Behörden gemeldet haben ohne dass das australische Zweigbüro davon wusste. Diese Fälle tauchen in den Zahlen von den Zeugen Jehovas gar nicht auf“
Das kann ich klar ausschließen: wenn ein säkularer Rechtsfall bzw. säkulare Untersuchungen dieser Art bei Mitgliedern von Zeugen Jehovas gemacht werden, bekommen die, die mit der Aufsicht in den Versammlungen der Zeugen Jehovas betraut sind davon Wind – das ist dann einmal der Vorteil einer engen „geschlossen“ Gemeinschaft.
Man forderte mich dazu auf den Vergleich mit anderen Religionsgemeinschaften zu wagen um richtige Schlüsse ziehen zu können. Man bemühte mich mit dem Beispiel von der anglikanischen Kirche in Australien, die scheinbar um einiges besser dasteht als Zeugen Jehovas. Die nackten Zahlen der ARC geben das tatsächlich her.
Aber einen Zahlenvergleich mit anderen Gemeinschaften zu führen ist nicht mein Ziel, da es schlussendlich auch nicht darum geht herauszufinden welche Gemeinschaft „besser“ ist. Es macht hier auch keinen Sinn, aus einem ganz einfachen Grund:
Die ARC beschränkte sich bei ihren Zahlen bei Kirchen und sonstigen Institutionen nur auf mutmaßliche Fälle, wo die Täter innerhalb vom Kirchen- bzw. Institutions-Einrichtungen (Kirchen, Kindergärten, Schulen, Heimen usw.) arbeiteten. Sämtliche Meldungen an Behörden unter Mitgliedern außerhalb dieser Einrichtungen wurden nicht beachtet.
Bei Zeugen Jehovas jedoch (und scheinbar nur bei Zeugen Jehovas) wurde die Analyse auf sämtliche Meldungen ausgeweitet, egal in welchem Zusammenhang sie stattfanden solange ein Mitglied der Zeugen Jehovas betroffen war. Da Zeugen Jehovas keinerlei Einrichtungen betreiben, mussten sämtliche Meldungen aller Mitglieder mit ins Boot genommen werden.
Man kann also nicht das Ergebnis der ARC bezüglich der Anzahl an Missbrauchsfällen bei Zeugen Jehovas mit anderen Gemeinschaften vergleichen, und dann so tun als hätte man Äpfel mit Äpfel verglichen.
Der einzig zulässige Vergleich in diesem Fall, ist die Gesamtzahl der gemeldeten bzw. untersuchten Fälle für die Gesamtzahl der Mitglieder der Zeugen Jehovas in Australien, mit der Gesamtzahl der gemeldeten bzw. untersuchten Fälle für die Gesamtzahl der australischen Bevölkerung.
Was ist besser? Prävention oder Reaktion?
Seit 2015 aber zunehmend Infomaterial von ZJ, zur Prävention von Kindesmissbrauch herausgegeben wurde (eine Liste von Publikationen findet man hier – Seite 6), scheint es weniger (zumindest gemeldete) Fälle zu geben.
Zuletzt gab einen Programmpunkt zum Thema auf dem Regionalen Kongress der Zeugen Jehovas 2017: „Schützt eure Kinder vor dem, was Böse ist“
Die am Anfang besagte Website griff das Thema auf – und veröffentlicht einen Teil der „geleakten“ Disposition zu diesem Programmpunkt mit dem Ergebnis (ich gebe es sinngemäß wieder), dass die Zeugen Jehovas sagen würden dass die Kinder selbst schuld wären wenn sie sich nicht passend kleiden, und somit einen Kinderschänder „verführen“ würden zu seiner Tat.
Das ist natürlich grober Unfug, und der gesamte Inhalt der Webseite ist auf solche haltlosen Beschuldigungen aufgebaut. Der Gerner würde es wohl kaum fördern, sein Kind ins Ozeaniumbecken schwimmen gehen zu lassen, wenn es sich vorher in den Finger geschnitten hat. Das Kind würde dann auch nicht darum bitten von einem Haifisch gebissen zu werden – könnte aber passieren. Das Risiko mit Schnittverletzung gebissen zu werden ist unweit grösser als ohne Schnittwunde.
So ging in dem Programmpunkt auf dem Regionalen Kongress um Vorsichtsmaßnahmen, und nicht darum dem Kind den schwarzen Peter zuzuschieben. Das man überhaupt darauf kommt zeugt von „geistiger Krankheit“ (1. Timotheus 6:3-5).
Aber bedauerlicherweise war das nicht alles. Der Kritiker listet Versäumnisse auf, die man wohl besser hätte erwähnen sollen.
Natürlich ging es im besagten Programmpunkt auf dem Regionalkongress nicht etwa um Versäumnisse – da sie nicht Thema des Programmpunktes waren. Das Thema war „Schützt eure Kinder vor dem, was Böse ist“, und nicht „Was zu tun ist wenn euren Kindern etwas Böses passiert ist“. Es ging um Prävention – nicht um Reaktion.
Und Prävention eines Unglücks ist immer besser als darauf reagieren zu müssen.
Nur wie sieht es mit den Anklagepunkten aus die unser JZ-Basher hier vorgibt:
Erst einmal weiß in der Regel jeder ZJ was zu tun ist, wenn ein Familienmitglied / Freund Opfer eines solchen Falles geworden ist!
Jeder getaufte Zeuge Jehovas ist das „Gottes-Liebe“ Buch durchgegangen – dort steht auf Seite 223:
In seltenen Fällen kommt es vor, dass ein Christ gegen einen Mitchristen eine schwerwiegende Straftat verübt, wie einen schweren Diebstahl, einen Angriff gegen die Person, eine Vergewaltigung oder einen Mord. In solchen Fällen wäre es nicht unchristlich, Strafanzeige zu erstatten, selbst wenn dies zu einem Gerichtsverfahren oder zu einem Strafprozess führen könnte.
Kindesmissbrauch gehört ohne Zweifel zu einer solch „schwerwiegenden Straftat“
Was Älteste tun müssen/können bei Meldung von Missbrauchsfällen wird im vorher erwähnten Brief an die Ältestenschaften weltweit vom 1. August 2016 erwähnt.
Diese wurde durch eine noch strengere Richtlinie am 1. September 2017 ersetzt.
Dort wird sehr wohl erwähnt dass:
- Es den Opfern und Eltern freisteht den Fall den Strafverfolgungsbehörden zu melden, und die Ältesten sie dabei voll unterstützen, sollten sie sich dazu entscheiden (siehe auch hier – Punkt 72.g). Nebenbei erwähnt gab es NIE eine Richtlinie die besagt hätte dass Zeugen Jehovas Älteste zuerst informieren müssten bzw. um Erlaubnis fragen müssten, um eine offensichtliche Straftat den Behörden zu melden. Jeder Zeuge Jehovas der erfährt dass ein Kind in Gefahr ist (ob nun Älterster oder nicht) sollte hier seiner Verantwortung nachkommen und handeln – zum Wohle des Kindes.
- Die Ältesten dort wo es das Gesetz verlangt, den Vorfall den Behörden melden müssen
- Sollte der Verdacht bestehen dass ein Kind in Gefahr ist, der Vorfall den Behörden gemeldet wird, selbst wenn dies nicht vom Gesetz verlangt wird
- Die Ältesten sehr wohl verpflichtet sind Eltern, vor einem ihnen bekannten Kinderschänder zu warnen, und selbst wenn der Täter in eine andere Versammlung wechselt, die Ältesten in der neuen Versammlung informiert werden müssen, welche somit auch verpflichtet sind es den Eltern in ihrer Versammlung mitzuteilen.
- Die (biblisch begründete) Zwei-Zeugen Regel (dazu mehr in diesem Beitrag) zwar verhindern mag sofort gegen einen mutmaßlichen Missetäter innerhalb der Versammlung direkt vorgehen zu können; der Beschuldigte aber unter Beobachtung steht mit damit verbundenen Einschränkungen der Aufgaben die er verrichten darf – ihm wird ebenso geraten sich nicht mit Kindern allein aufzuhalten, und sie auch nicht anzufassen. Außerdem: falls es gerichtliche Beweise für eine Täterschaft gibt, so sind diese Beweise der zweite Zeuge, und es kann dann auch innerhalb der Versammlung gegen den Täter vorgegangen werden.
- Der Missetäter wird entweder ausgeschlossen, oder aber – wenn er aufrichtig bereut – öffentlich zurechtgewiesen, und es wird ein Vortrag über die Missetat gehalten, welcher deutlich andeutet um was es sich bei der Missetat handelte.
- Der Missetäter wird erst Jahrzehnte nach seiner Tat (bei der er bereits Mitglied der Versammlung war – und wohlgemerkt wenn er nicht rückfällig wird) wieder in Frage kommen um kleinere Aufgaben in der Versammlung zu übernehmen. (Wieder) Ältester oder Dienstamtgehilfe zu werden ist für so jemanden ausgeschlossen.
- Älteste sich seelsorgerisch um das/die Opfer kümmern müssen – professionelle Hilfe wird sehr wohl empfohlen, die Entscheidung diese in Anspruch zu nehmen liegt aber beim Opfer.
Den öffentlichen Standpunkt von Zeugen Jehovas zu diesen Dingen kann man hier nachlesen.
Was ist mit dem Versäumnissen / Entschädigungen?
Die Regelung von ZJ bezüglich Missbrauchsfällen ist die bisher Beste die ich je bei einer Gemeinschaft gesehen habe (man zeige mir das Gegenteil).
Sollte es Versäumnisse gegeben haben diese umzusetzen, so muss dies für jeden Fall einzeln untersucht werden – denn kein Fall ist wie der andere.
Das Versäumnis ist meist aber nicht bei der WTG zu suchen, sondern bei Einzelpersonen die gegebenenfalls eine Stellung als Älteste innehaben, und sich nicht an die Regelung gehalten haben, bzw. sie missverstanden haben.
Was wenn es jedoch eine „Verschwörung“ gäbe und Zeugen Jehovas alles unternehmen würden um vergangene und kommende Fälle zu vertuschen?
Die gleiche Webseite die in diesem Blogartikel zitiert habe, hat im Mai 2017 – erneut – einen angeblichen Brief an alle Ältestenschaften gepostet, der beweisen soll daß Älteste angeblich jedwede gelagerten Dokumente im Zusammenhang mit Kindesmissbrauchsfällen, dem Zweigbüro zur Vernichtung zugeschicken sollten. Der Brief ist datiert auf den 4. Januar 2007 (wäre also über 10 Jahre her).
Komisch dass das Zweigbüro in Australien, sämtliche 5000 Dokumente zurückgehend bis 1950 der ARC aushändigen konnte – wo sie diese doch hätten (laut Brief) im Februar 2007 vernichtet werden sollen! Oder war dies nur eine Instruktion für Versammlungen im deutschen Sprachgebiet?!
Ausserdem ist noch etwas krumm – der angebliche Brief vom 4. Januar 2007 enthält Formatfehler, sowie Fehler in der Rechtschreibung. Wer Literatur und Briefe von Zweigbüros von Zeugen Jehovas kennt, weiß dass solche Fehler so gut wie nie vorkommen.
Kommt noch hinzu dass die Anweisungen vom 1. August 2016 von der Leitenden Körperschaft an alle Ältestenschaften weltweit, den angeblichen Anweisungen vom 4. Januar 2007 wiedersprechen.
Dort steht im Absatz 20, das Informationen bezüglich des Kindesmissbrauchs angeklagten Personen (ob nun mutmaßlich oder bewiesen) für unendlich lange aufbewahrt werden sollten.
Was sagt uns das? Offensichtlich ist der Brief vom 4. Januar 2007 an alle Ältestenschaften im Zweig Deutschlands eine Fälschung.
Das ist aber nichts Neues – derselbe Brief wurde im Verfahren bezüglich der Verleihung des Status der KdöR in Rheinland-Pfalz seitens der Anklage verwendet. Dort kam der Verdacht der Fälschung erstmals auf. Mehr dazu hier.
Was sollte man also von solchen Sensationsmeldungen halten? So schlimm Kindesmissbrauch auch ist – wird im Falle von Zeugen Jehovas gerne die Sensationskeule geschwungen, obwohl sie im Vergleich zur Allgemeinheit und anderen Religionsgemeinschaften um einiges besser dastehen.
Dennoch muss man sagen wie es ist – jedwedes Opfer von Kindesmissbrauch, ob nun innerhalb der Gemeinschaft von Zeugen Jehovas oder nicht – ist eines zu viel!
Werter Fossilisus!
Das sind ja sehr interessante Zahlenspiele die du da veranstaltest! Gestatte mir bitte, dass ich dir einiges zu bedenken gebe:
1. Um die Zahl der sexuellen Missbrauchsfälle bei Nicht-Zeugen zu berechnen verwendest du die Population von Australien und die absolute Zahl der bekannten sexuellen Missbrauchsfälle. Da Zeugen Jehovas wohl auch zur Population gehören und sexuelle Missbrauchsfälle unter Zeugen Jehovas wohl auch in der absoluten Zahl der bekannten Fälle enthalten sind, stellt sich mir die Frage ob man denn dann die Zeugen Jehovas nicht aus diesen absoluten Zahlen herausrechnen sollte … Das wären dann (ich verwende der Einfachheit halber die Zahlen aus deinem Blog): 24.309.330 Menschen minus 67,418 Zeugen Jehovas = 24.241.912 Australier, die keine Zeugen sind. Bei den Missbrauchsfällen sollten ebenfalls die von Zeugen Jehovas begangenen aus den absoluten Zahlen herausgerechnet werden … Das wären dann: 42.712 sexuelle Missbrauchsfälle minus 1817 (die „alten“ 1800 Fälle plus die von dir angeführten 17 „neuen“ Fälle) = 40.895 Fälle von sexuellem Missbrauch unter Nicht-Zeugen. Die sich daraus ergebende Rate beträgt 1:592 …
2. Da du bei der Berechnung der Rate von Missbrauchsfällen unter Nicht-Zeugen die absoluten Zahlen verwendest, solltest du das zur Berechnung der Rate bei Zeugen Jehovas ebenfalls tun, sonst hat man doch keine objektive Vergleichsmöglichkeit … Das wären also die Zahl der Zeugen Jehovas in Australien von 67.418 durch die absolute Zahl der bekannten Missbrauchsfälle von 1817. Die sich daraus ergebende Rate beträgt 1:37 …
Das sind (wenn mir kein Rechenfehler unterlaufen ist) sehr erschreckende Zahlen für mich. Und auch ich finde, dass jeder einzelne Fall ein Fall zu viel ist …
Hi Furiel,
Na Du bist ja lustig. Du vergleichst gemeldete Missbrauchsfälle aus einem einzigen Jahr aus der Australischen Population (2015 allein wurden 355935 Missbrauchsfälle gemeldet – 12% davon sexueller Art, also umgerechnet 42712), mit der Summe aller gemeldeten Missbrauchsfälle aus 65 Jahren bei den Australischen Zeugen Jehovas.
Und nein – in einer nationalen Statistik nimmt man keine Volksgruppen raus, weil man sie separat bewertet. Das würde die Statistik verfälschen.
Wenn ich sie rausnehmen würde (und ich rede hier vom Jahr 2015-2016 allein – was die Zahlen sind die ich hier aufgestellt habe), wäre die Rate der Missbrauchsfälle unter der australischen Population die keine Zeugen Jehovas sind noch höher, ergo würde das Ergebnis zugunsten von Zeugen Jehovas in Australien noch besser ausfallen.
Werter Fossilisus,
Nein, lustig wollte ich ganz sicher nicht sein, das kannst du mir glauben!
Ich dachte die über 300.000 Fälle und die daraus resultierenden Fälle von sexuellem Missbrauch beziehen sich auf alle bisher bekannten und dokumentierten Missbrauchsfälle in Australien, so wie es sich eben bei Zeugen Jehovas ja auch um die bisher bekannten Zahlen handelt. Dass es sich um die jährlich gemeldeten Fälle handelt, war mir entgangen, bzw. konnte und kann ich eigentlich immer noch nicht glauben, obwohl ich jetzt bei weiteren Recherchen auf Zahlen gestoßen bin, die wirklich zumindest die Größenordnung deiner angeführten Zahlen belegen.
Ich bin eigentlich nur noch erschüttert und verstehe die Welt nicht mehr. Und ja natürlich, mit diesen Zahlen schaut es bei Jehovas Zeugen wirklich um einiges positiver aus …
Danke für deine ehrliche Antwort Furiel. Ich muss gestehen dass ich bei den Zahlen, die bei der ARC bezüglich der Missbrauchsfälle innerhalb von Zeugen Jehovas rausgekommen sind ebenso erschüttert war. Auch ich habe die Welt nicht mehr verstanden – hunderte meiner australischen Glaubensbrüder waren zu solch einer schrecklichen Tat im Stande! Das ist abscheulich – und darf nicht hingenommen werden.
Nur im Vergleich mit eben der gesamten Bevölkerung sieht man dann doch, dass die Bemühungen um verbesserte Richtlinien bei Zeugen Jehovas bereits Früchte getragen haben, und es eben nicht so ist dass es bei Zeugen Jehovas so etwas wie ein „Paradies für Kinderschänder“ gäbe, wie es leider immer wieder in den Medien und von Gegnern behauptet wird.
Ich bete für die Opfer und Betroffenen, dass Sie irgendwann in diesem System so etwas wie Frieden finden mögen, und bin mir sicher dass Gott im Endgericht ihre individuelle Situation berücksichtigt, selbst dann wenn sie aufgrund ihres Leidenswegs den Glauben an ihn verloren haben.
Lieber Bruder,
Herzlichen Dank für die großartige Aufarbeitung der Fakten, die mir in persönlichen Gesprächen schon weitergeholfen hat. Es ist tatsächlich eine Tragödie, dass Abscheulichkeiten dieser Art auch in unseren Reihen stattfinden aber dies als Basis für eine Lügenpropaganda auszunutzen, um persönlichen Antipathien Ausdruck zu verleihen ist ebenso verwerflich. Für alle Aufrichtigen sind Artikel wie dieser ein stärkendes Gegengewicht, um in der Wüste des Internets nicht die Orientierung zu verlieren. Mach bitte weiter so.
Herzlichen Gruß, dein Mitbruder
So schlimm das in Australien war, es liegt nun schon ein paar Jahre zurück. Lieber Fossilius, mich würde stark deine Meinung zu den neuerlichen Missbrauchsfällen unter unseren niederländischen Brüdern und Schwestern interessieren. Es wäre super deine Meinung darüber zu erfahren.
Darüber kann ich derzeit nicht viel sagen. Das niederländische Parlament hat einer Untersuchung der Missbrauchsfälle zugestimmt. Sicherlich werden dabei die Ergebnisse der ARC mit berücksichtigt und in die Ermittlungsexpertise mit einfließen.
Es ist nicht unwahrscheinlich dass sich die Geschichte wie in Australien wiederholt, und ich rechne sogar damit dass andere EU Staaten nachziehen werden.
Ob dabei viel anderes rauskommen wird als bei der ARC Untersuchung ist fraglich… da müssen wir uns überraschen lassen. Also mal Abwarten, und schauen was dabei rauskommt.