In der Regel lieben Eltern ihre Kinder sehr. Auch ich mag Kinder. Die allermeisten Zeugen Jehovas tun das. Aber ein Kind vor dem vermeintlich sicheren Tod retten, indem man ihm/ihr eine Bluttransfusion verabreichen läßt, so weit scheint die Liebe bei Zeugen Jehovas dann doch nicht zu gehen! Oder?
Einige gehen so weit zu sagen dass in solchen Fällen die Liebe von Eltern die den Zeugen Jehovas angehören nicht wirklich echt sein könnte, wenn man sein Kind einem solchen medizinischen Risiko aussetzen würde. Es gibt sogar Medien die berichten, ZJ würde es nichts ausmachen Ihre Kinder den eigenen Ideologien zu opfern – Hauptsache man habe der Leitung der Zeugen Jehovas gehorcht!
Ist es wirklich so? Könnte man Zeugen Jehovas in gegebenen Fällen als “Kindermörder” bezeichnen?
Nun, die Sachlage ändert sich wenn man sie im biblischen Kontext betrachtet.
Den meisten Kritikern von Zeugen Jehovas ist bekannt dass diese Gruppe ihr Bluttransfusionsverbot mit dem Bibeltext aus Apostelgeschichte 15:28,29 begründen.
“Denn es hat dem Heiligen Geist und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen als diese notwendigen Stücke: euch zu enthalten von Götzenopfern und von Blut und von Ersticktem und von Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, so werdet ihr wohl tun. Lebt wohl!“” (ELBERFELDER ÜBERSETZUNG)
Man sollte sich also (keine Option, sondern eine Notwendigkeit) des Blutes enthalten – im Grunde genommen eine klare Aussage. Hierzu kann man dann sagen dass Zeugen Jehovas keine Interpretation dieses Textes vornehmen! Sie beherzigen den Rat so wie er da steht – sie enthalten sich des (Voll)Blutes – egal auf welche weise man ihn sich einverleiben würde.
Nun stimme ich Kritikern dieser Glaubenslehre in dem Punkt zu, dass man Aussagen der Bibel in dem Kontext betrachten sollte, wie sie wohl zur Zeit ihrer Niederschrift verstanden worden waren.
Es ist klar – medizinische Bluttransfusionen gab es im ersten Jahrhundert noch nicht – also kann der Schreiber dieses Bibelverses auch nicht die uns heute bekannte Bluttransfusion gemeint haben.
Und so fängt die Interpretation der meisten Kritiker des Bluttransfusionsverbotes an:
- Wenn es im ersten Jht. keine Bluttransfusionen gab, was meinte der Schreiber wohl?
- Die einzige Form wie man damals wohl Blut zu sich nahm war ausschliesslich durch den Verzehr von Blut.
- Also war wohl mit dem “sich des Blutes enthalten” aus Apg. 15:28,29 ein Verzehrverbot gemeint.
- Es handelt sich also aussschliesslich um ein Verzehrverbot!
Ihnen ist der Zirkelschluss aufgefallen?
Mir kommt da eine Zwischenfrage: Was wenn es zur Zeit des ersten Jahrhunderts soetwas wie Bluttransfusionen gegeben hätte? Hätten die damaligen Christen das in gegebenen Fällen zugelassen?
Der Zweck einer Bluttransfusion besteht ja darin sich durch diesen medizinischen Eingriff einen “Gesundheitspuffer” zu verschaffen. Ich denke unser aller medizinisches Verständnis geht soweit, dass wir sagen können dass eine Bluttransfusion allein, einen Patienten nicht heilen kann!
Es kann aber flüssigkeitsspezifische Defizite die aufgrund hohen Blutverlustes eingetroffen sind wieder ausgleichen – eine medikamentöse Behandlung sowie einen operationellen Eingriff braucht man trotzdem!
Wir halten also fest: Ein Allheilmittel ist Blut sicherlich in keinster Weise.
Welchem Zweck diente der Verzehr von Blut im ersten Jahrhundert?
Tertullian, ein Zeitzeuge dieser Zeit erwähnt in seinem Werk “Apologeticum” die Gewohnheit der Heiden und Römer zu seiner Zeit Menschen oder Tierblut zu verzehren, im Glauben es könnte sie von Krankheiten wie Fallsucht heilen. Es war in der Zeit nicht unüblich Blut zu verzehren. Die welche das taten erhofften sich so, die Kraft, Gesundheit und Geschicklichkeit des Getöteten einzuverleiben.
Der Beschreibung nach war das ganze zwar etwas makaber, aber der Zweck im Grunde genommen ein Guter! Wenn jemand gestorben war, wieso dann nicht sein Blut essen, vom dem derjenige eh nichts mehr hatte, und vielleicht selbst einen gesundheitlichen Vorteil daraus ziehen!
Die Bluttransfusion gab es also im Grunde genommen schon im ersten Jahrhundert, wenn auch nicht wie heute praktiziert, und unter klinischen Bedingungen vollführt…
Kommen wir nun zurück zu der Aussage aus Apostelgeschichte 15:28, 29: Man sollte sich des Blutes enthalten! Und Zeugen Jehovas tun das.
In ähnlicher Weise tun sie es wenn es darum geht Ihren Leib sofern wie möglich rein zu erhalten (2. Korinther 7:1)
Untern anderem deswegen rauchen Zeugen Jehovas nicht! Das Rauchen gab es in der Form die wir heute kennen auch noch nicht im ersten Jahrhundert. Und dennoch wenden Zeugen Jehovas diesen biblischen Rat auf das Rauchen an – Kritik an dieser Auslegung? Fehlanzeige – habe ich noch nie gelesen!
Nun rettet das Rauchen sicherlich kein Leben, nein im schlimmsten Falle eher das Gegenteil, es zerstört es. In diesem Zusammenhang will ich einmal Auflisten welche Dinge (unter anderen) Zeugen Jehovas in der Regel laut Ihrem biblischen Verständnis als tabu ansehen, welche aber von der Menscheit im Allgemeinen oft als “harmloses” Vergnügen abgetan werden:
- Rauchen (hatten wir ja gerade)
- Übermäßiges Trinken von alkoholischen Getränken
- Drogenmissbrauch
- Medikamentenmissbrauch
- Ausserehelicher Sex / oft wechselnde Geschlechtspartner
- One night Stands
- Gleichgeschlechtlicher Verkehr
- Ausüben von Extremsportarten
- Enge Freundschaften mit Leuten die mit den eben aufgelisteten offensichtlich keine Probleme haben, und sie eventuell selbst praktizieren.
Man mag mich für naiv halten, aber für mich hört sich das nach einem gesunden Lebenstil an (manche mögen es “langweilig”nennen).
Es ist dies allerdings der Grund wieso es Ärzte gibt, die sich ohne jegliche Berührungsängste trauen blutlose Chirurgie an solchen Patienten zu vollführen, ohne ein schlechtes Gewissen wegen ihrem Ärztegelübte zu haben.
Zeugen Jehovas sind im Grunde genommen “einfache” Patienten, da viele Risikofaktoren bei Ihnen oftmals einfach nicht existent sind.
Leider spricht absolut niemand lobend über gute gesundheitliche Vorraussetzungen die es mit sich bringt wenn man ein – nach der Auffassung der Zeugen Jehovas – gottgefälliges Leben führt.
Die Kritik am Bluttransfusionsverbot ist deswegen einseitig, was mich an ihrer Ernsthaftigkeit zweifeln lässt.
Soweit zu diesem Beitrag – ich plane demnächst (soweit es die Zeit erlaubt) etwas über die Kritik an den Bluttransfusionsalternativen (sie haben richtig gehört: man kritisiert ZJ wegen des Bluttransfusionsverbots, und steht ihnen andererseits nicht einmal Alternativen zu) die für Zeugen Jehovas akzeptabel sein können.
Liebe Grüsse
fossilisus