Michael wird fünfmal in der Bibel erwähnt. Hier sind die entsprechenden Stellen (alle Zitate aus der Elberfelder Bibel):
Daniel 10,13
Aber der Fürst des Königreichs Persien stand mir gegenüber 21 Tage; und siehe, Michael, einer der ersten Fürsten, kam, um mir zu helfen, und ich blieb dort bei den Königen von Persien.
Daniel 10,21
Doch will ich dir kundtun, was im Buch der Wahrheit aufgezeichnet ist. Und es gibt keinen, der mir gegen jene beisteht, außer Michael, euer Fürst.
Daniel 12,1
Und in jener Zeit wird Michael aufstehen, der große Fürst, der für die Kinder deines Volkes einsteht; und es wird eine Zeit der Drangsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Völker gibt, bis zu jener Zeit. Und in jener Zeit wird dein Volk gerettet werden, jeder, der im Buch geschrieben gefunden wird.
Judas 9
Michael aber, der Erzengel, als er mit dem Teufel stritt und über den Leib des Mose haderte, wagte nicht, ein lästerliches Urteil zu fällen, sondern sprach: Der Herr strafe dich!
Offenbarung 12,7–9
Und es entstand ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel; und sie siegten nicht, auch wurde ihre Stätte nicht mehr im Himmel gefunden. Und es wurde hinausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt; er wurde auf die Erde geworfen, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen.
Was lernen wir aus diesen Versen über Michael?
- Er ist „einer der ersten Fürsten“.
- Er half einem Engel im Kampf gegen den „Fürsten des Königreichs Persien“.
- Er wird „Michael, euer Fürst“ genannt.
- Er steht für die Kinder von Daniels Volk ein.
- Er erhebt sich unmittelbar vor der größten Zeit der Drangsal.
- Er wird „der Erzengel“ genannt.
- Er stritt mit dem Teufel.
- Er brachte keine „lästerliche Anklage“ vor.
- Er überließ es Gott, den Teufel zu strafen.
- Er hat „seine Engel“.
- Er kämpfte gegen den Teufel.
- Er warf den Teufel und seine Engel aus dem Himmel hinaus.
Weitere Hinweise auf einen Erzengel in der Bibel
1. Thessalonicher 4,16
Denn der Herr selbst wird beim Befehlsruf, bei der Stimme eines Erzengels und bei der Posaune Gottes herabkommen vom Himmel, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen.
(Dies ist die einzige weitere Erwähnung eines Erzengels in der Bibel.)
Was einige Kommentatoren gesagt haben
- Johannes Calvin: „Michael mag ein Engel sein; doch ich neige der Ansicht zu, dass hier Christus gemeint ist, da es am besten passt, ihn als den Verteidiger seines auserwählten Volkes darzustellen.“
- John Wesley: „Michael – Christus allein ist der Beschützer seiner Kirche, wenn alle Fürsten der Erde sie verlassen oder sich gegen sie stellen.“
- Genfer Bibelkommentar: „Der Engel weist hier auf zwei Dinge hin: erstens, dass die Kirche bei Christi Kommen große Bedrängnis erleiden wird, und zweitens, dass Gott seinen Engel senden wird, um sie zu befreien, den er hier Michael nennt, womit Christus gemeint ist.“
Die Puzzleteile zusammengesetzt
1. Michaels „Aufstehen“ (Daniel 12,1) und das Königtum Christi
In Daniel 12,1 heißt es, dass Michael „aufstehen“ wird. Dieses „Aufstehen“ ist im Kontext des Buches Daniel ein Ausdruck für das Ergreifen von königlicher Autorität. In den vorhergehenden Kapiteln (Daniel 11,2–3.21) wird dasselbe Verb für Könige gebraucht, die ihre Herrschaft antreten. Damit ist Michaels Handeln nicht bloß ein militärisches Eingreifen, sondern die Übernahme von Herrschaft. Daniel 7,13–14 beschreibt, wie der „Menschensohn“ (Christus) vor den Thron Gottes gebracht wird und „Herrschaft, Ehre und Königtum“ erhält. Das „Aufstehen“ Michaels in Daniel 12,1 ist also parallel zu diesem königlichen Akt. Wenn Michael aufsteht, beginnt die Zeit der Drangsal – dieselbe „große Drangsal“, die Jesus in Matthäus 24,21 ankündigt. Die Verbindung ist klar: Michael und Christus handeln in derselben eschatologischen Rolle.
2. Die „große Drangsal“ und das Kommen Christi
Daniel 12,1 spricht von einer „Zeit der Drangsal, wie sie nie gewesen ist“. Jesus greift diese Formulierung direkt auf in Matthäus 24,21, wo er von der „großen Drangsal“ spricht, die mit seinem Kommen verbunden ist. Es kann nicht zwei verschiedene „größte Drangsale“ geben – die Sprache zeigt, dass es sich um dasselbe Ereignis handelt. Wenn Michael aufsteht, beginnt diese Drangsal. Wenn Christus kommt, beginnt dieselbe Drangsal. Folgerung: Michael und Christus sind identisch, da beide dieselbe endzeitliche Rolle erfüllen.
3. „Michael und seine Engel“ – Parallelen zu „Christus und seine Engel“
In Offenbarung 12,7 kämpft „Michael und seine Engel“ gegen den Drachen. Jesus selbst spricht mehrfach davon, dass er „seine Engel“ senden wird:
- Matthäus 13,41: „Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden.“
- Matthäus 16,27: „Der Sohn des Menschen wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln.“
- Matthäus 24,31: „Er wird seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall.“ Auch Paulus bestätigt: „Der Herr Jesus wird vom Himmel geoffenbart werden mit den Engeln seiner Macht“ (2. Thessalonicher 1,7). Die Formulierung „seine Engel“ ist in der Bibel einzigartig und wird sowohl für Michael als auch für Christus gebraucht. Das ist ein starkes Indiz, dass beide dieselbe Person sind.
4. Michael als „großer Fürst“ und die messianische Titelverwendung
Daniel nennt Michael „den großen Fürsten“ (12,1) und „euer Fürst“ (10,21). Das hebräische Wort sar („Fürst“) wird auch messianisch verwendet: Jesaja 9,6–7 nennt den Messias „Fürst des Friedens“. In Josua 5,14 begegnet Josua dem „Fürsten des Heeres des HERRN“ (sar tseva YHWH). Viele Ausleger – auch evangelikale – sehen darin eine Christophanie, also eine Erscheinung des präexistenten Christus. Wenn Michael „der große Fürst“ ist, der für Gottes Volk einsteht, und Christus als „Fürst des Friedens“ und „Fürst des Heeres des HERRN“ bezeichnet wird, liegt die Identifikation nahe.
5. Judas 9 und Sacharja 3 – „Der Herr strafe dich“
In Judas 9 sagt Michael: „Der Herr strafe dich.“ Dieselben Worte finden wir in Sacharja 3,2, wo der „Engel des HERRN“ zum Satan spricht: „Der HERR strafe dich, Satan!“ Viele Trinitarier sehen den „Engel des HERRN“ hier als präinkarnaten Christus. Wenn Michael dieselben Worte gebraucht, ist die Parallele offensichtlich. Sogar als Trinitarier könnte man sagen dass das Argument, Michael sei „nur ein Engel“, dadurch entkräftet wird: Christus selbst wird in der Schrift mehrfach als „Engel“ bezeichnet – nicht im Sinne eines geschaffenen Wesens (laut Trinitariern), sondern als „Bote“ (mal’akh, angelos) Gottes.
6. Die Stimme des Erzengels (1. Thessalonicher 4,16) und die Stimme Christi (Johannes 5,28–29)
Paulus schreibt, dass der Herr selbst mit der „Stimme des Erzengels“ herabkommen wird. Johannes 5,28–29 sagt, dass „alle in den Gräbern seine Stimme hören werden“ – die Stimme des Sohnes des Menschen. Beide Texte verbinden die Stimme mit der Auferstehung der Toten. Es ist unlogisch, zwei verschiedene Stimmen anzunehmen. Die „Stimme des Erzengels“ ist die Stimme Christi. Damit ist Christus der Erzengel.
7. Michael als Sieger über den Teufel
Offenbarung 12 zeigt Michael als denjenigen, der den Teufel und seine Engel aus dem Himmel wirft. Hebräer 2,14 sagt, dass Christus „durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, nämlich den Teufel“. Matthew Henry kommentiert Offenbarung 12: „Michael und seine Engel – Christus, der große Engel des Bundes, und seine treuen Nachfolger.“
Demgemäss liegt die Schlussfolgerung nahe: Es ist Christus, der den Teufel besiegt. Und laut Offenbarung 12:7-9 ist es Michael.
8. Christus als „Engel“ – kein Widerspruch zu Hebräer 1
Hebräer 1 betont, dass Christus „höher als die Engel“ ist. Das bedeutet nicht, dass er niemals „Engel“ genannt werden kann. Das Wort „Engel“ (mal’akh, angelos) bedeutet „Bote“. Christus ist der Bote Gottes schlechthin – das „Wort“ (logos). Er ist einzigartig, weit über allen anderen Engeln, und dennoch kann er als „Engel“ bezeichnet werden, ohne seine Göttlichkeit oder Vorrangstellung zu schmälern.
Zusammenfassung
Die einzelnen Puzzleteile – Michaels Aufstehen, die große Drangsal, „seine Engel“, der Titel „Fürst“, die Parallele Judas 9/Sacharja 3, die Stimme des Erzengels, der Sieg über den Teufel und die Bezeichnung als „Engel“ – ergeben ein konsistentes Bild. Michael der Erzengel ist identisch mit Jesus Christus, dem präexistenten Wort Gottes und dem König, der für sein Volk einsteht.
Super geschrieben kleine Ergänzung meiner Seits.
in Bezug auf Hebräer. Jesus wird ja auch nicht lediglich als Engel bezeichnet sondern als Erzengel also oberste der Engel.
So wie ein Oberbefehlshaber zu den Streitkräften gehört, aber ihnen in Rang und Autorität übergeordnet ist,
so ist Jesus als Erzengel Michael derjenige, der die Engelheere Jehovas anführt.
Ich habe das recherchiert und festgestellt, dass deine Zuschreibung bei Calvin und Wesley offenbar fehlerhaft ist. Was meinst du dazu?
Die Behauptung, Johannes Calvin oder John Wesley hätten den Erzengel Michael mit Jesus Christus gleichgesetzt, ist jedoch nach gängiger theologischer Auffassung und ihren eigenen Schriften so nicht korrekt.
Im Gegenteil: Sowohl Calvin als auch Wesley waren überzeugte Verfechter der trinitarischen Orthodoxie, die lehrt, dass Jesus Christus der ewige, ungeschaffene Gottessohn ist. Die Gleichsetzung mit einem Erzengel (einem geschaffenen Wesen) wäre mit dieser zentralen Glaubenslehre unvereinbar gewesen.
Hier ist die Erklärung dafür, woher dieser Irrtum wahrscheinlich stammt und wie die beiden Theologen Michael tatsächlich verstanden haben:1. Die Position von Johannes Calvin (Reformator)
Calvin war ein entschiedener Gegner aller theologischen Richtungen (wie z. B. des Arianismus), die Christus als ein geschaffenes Wesen ansahen. Er betonte die volle Gottheit Christi.
2. Die Position von John Wesley (Begründer der Methodisten)
John Wesley (1703–1791) war als anglikanischer Geistlicher ebenfalls fest in der orthodoxen trinitarischen Tradition verwurzelt und lehnte die Gleichsetzung von Michael und Jesus ab.
Fazit: Die Quelle der Verwirrung
Die Gleichsetzung von Michael und Jesus ist eine theologische Lehre, die hauptsächlich von späteren, nicht-trinitarischen oder abweichenden protestantischen Bewegungen (wie den Zeugen Jehovas und historisch den Siebenten-Tags-Adventisten) vertreten wird.
Die Verwirrung, dass Calvin und Wesley diese Sicht teilten, entsteht oft durch: